§ 411. Italien. 6
4. Südlich davon dehnen sich an der Westküste die Maremmen (einschl. der Pontinischen
Sümpfe 400 Km lang), fieberhauchende, sumpfige Landschaften, fast menschenleer, nur im Herbst
bevölkert von Hirten und Herden. — Gleichfalls von der Malaria beherrscht und menschenarm
ist die benachbarte Tufflandschaft der Römischen Kampagna, einst bedeckt mit Städten und Villen,
deren Trümmer ihr einen eigenen Reiz verleihen, jetzt gleich den Maremmen nur in der fieber-
freien Herbstzeit von zahlreichen Hirten mit großen Herden aufgesucht.
5. Kompanien mit dem Golf von Neapel, das Paradies Italiens, sorgfältig bewässerter
vulkanischer Boden, ein einziger Fruchtgarten, meist mit Terrassenbau. Südöstlich vou Neapel
der Vesuv, westlich die Phlegräischen Felder (d. i. Brandfelder). Der Golf flankiert im Norden
von den herrlichen vulkanischen Inseln Procida und Jschia, im Süden von den malerischen Kalk-
steinhorsten der Halbinsel Sorrent und der Jusel Kapri.
6. Südlich vom Golf von Neapel am Golf von Salerno mit ungesundem Hinterland
die Ruinen von Pästnm. — Kalabrien mit seinem Granitgebirge ein schwer heimgesuchtes
Erdbebenland.
7. Die Ostküste Italiens die wenig gegliederte Rückseite des Landes. Der „Sporn" mit
steil ausgerichtetem Kalkgebirge, ein Rest der Landverbindung mit Dalmatien. — Fruchtbar uur
die Apulische Küste mit zahlreichen Städten, darunter das wichtige Brindisi.
8. Das fruchtbare Sizilien, so groß wie die Provinz Sachsen, der Mittelpunkt der alten
Kulturwelt, durch die Jahrhunderte umkämpft von den verschiedensten Völkern und meist schlecht
regiert. Infolgedessen noch heute traurige soziale Verhältnisse. Berühmt durch herrliche (groß-)
griechische Trümmer. — Der Ätna an Grundfläche 8 mal, an Höhe 3 mal so groß als der Vesuv;
mit zahlreichen Nebenkratern, seine fruchtbaren Gehänge umsäumt von 65 Ortschaften.
9. Das rauhe, aber erzreiche Sardinien im Osten mit Gebirge, im Westen mit dürren
oder versumpften Ebenen; die Bewohner sehr kulturrückständig, ihre Sprache mehr als die andern
romanischen an das Lateinische erinnernd.
Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. die Leitlinien § 74.) Nationale und kirchliche Ein-
Heimlichkeit. Das Volk im Norden ernst und fleißig, im Süden leichtlebig und aus Bedürfnislosigkeit
träge. Charakteristisch der allgemein verbreitete Sinn „für Form und Klang, für Ton und Farbe,
für Ebenmaß und Schönheit". Volksbildung trotz reicher Begabung infolge der traurigen Ver-
gangenheit sehr mangelhaft. Die Auswanderung 16 mal so stark als in Deutschland.
Der Bodenbau gekennzeichnet durch reiche Baumkultur, künstliche Bewässerung, Anbau
von mehreren Früchten auf derselben Fläche (Maulbeerbäume, Wein, Mais, Reis) und durch
mehrere Ernten in einem Jahre. Weizen und Mais überragen weit die anderen Getreidearten.
Getreideeinfuhr größer als Ausfuhr. — Eine Fläche von der Größe Mecklenburgs mit Ölbäumen
bestanden, Weinrebengebiet doppelt so groß. Kastanienbäume, Maulbeerbäume. — In der
Viehhaltung überwiegen Schäfe und Ziegen, Esel und Maultiere. — In der Po-Ebene Hühner-
zucht, Seidenraupenzucht.
Fast ohne Steinkohlen (aber mit reicher Wasserkraft); wenig Metall. Für Schwefel das
Hauptland Europas. Marmor. Industrie im allgemeinen noch nicht sehr entwickelt, hervorragend
die Seidenspinnereien Nord-Jtaliens; ferner zu nennen Strohslechterei (Arnotal), Kunstgewerbe.
Nach der Handelsflotte 5., nach dem Handelsumsatz 8. Platz iu Europa; Haupt-
Handelsländer Deutschland, England, Vereinigte Staaten; Hauptausfuhr Seide, ferner
Früchte, Olivenöl, Schwefel, Eier, Wein.
Kernsätze.
1. Infolge seiner Lage im Zentrum des alten Kulturmeeres konnte Italien
lange Zeit die erste Weltmacht sein.
2. Die Entdeckung Amerikas verschob aber den Mittelpunkt der Kulturwelt
von hier nach West-Europa.
3. Seine großen Vorzüge machten das Land zum Zankapfel der Nachbarvölker.
4. Die Verschiebung des Handels und die Fremdherrschaften hatten den wirt-
schaftlichen Zusammenbruch des Landes zur Folge.
5. Trotz der erfolgten politischen Einigung macht die Gesundung nur lang-
same Fortschritte, ganz besonders in Süd-Jtalien, das unter Fremdherrschaften
besonders schwer zu leiden hatte und dessen Bevölkerung aus Bedürfnislosigkeit
träge ist.
6. Zwischen Nord- und Süd-Jtauen bestehen nach dem Volkscharakter und
nach den wirtschaftlichen Verhältnissen große Gegensätze.
7. Die genügend bewässerten Teile Süd- und der klimatisch bevorzugten Ge-
biete Nord-Jtaliens sind gleichsam die Treibhäuser, die das übrige Europa wäh-
rend der Winterzeit mit Früchten und Blumen versorgen. Der wirtschaftliche
Schwerpunkt des Landes liegt aber in seiner Seidenausfuhr.
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Extrahierte Ortsnamen: Italien Römischen_Kampagna Neapel Italiens Neapel Procida Sorrent Jusel_Kapri Neapel Salerno Kalabrien Italiens Dalmatien Brindisi Sizilien Deutschland Mecklenburgs Europas Nord-Jtaliens Europa Deutschland England Italien Amerikas West-Europa Süd-Jtalien Europa
Österreich-Ungarn.
§414.
Öfterreicb-Ungarn*
§ 414. I. Das Land. 1 % mal so groß als das Deutsche Reich. — Eine scharf umgrenzte
geographische Einheit, in der Hauptsache bestehend aus einem Tieflandbecken, dem größten Europas
(Ungarn), einer uralten, hügeligen Mulde (Böhmen) und den Randgebirgen beider. Zu 82 %
einem einzigen Flußgebiet augehörig. — Eingeschoben zwischen dem europäischen Norden und
Westen und dem Morgenland; infolgedessen wichtiges Durchgangsland für Güter und Menschen
(Kreuzzüge! heute Orient-Expreß und die Linie Wien—saloniki), aber auch durch ein Jahr-
tausend der Kampfplatz zwischen abendländischen und morgenländischen Völkern; infolgedessen
völkisch ein Trümmerstaat ohne eigne Nation, zurzeit mit heftigen Nationalitätskämpfen.
Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. §§ 229, 227, 205.) Slawen zwar fast die Hälfte
bildend, aber vielspaltig, so daß die Deutschen mit % der Bevölkerung (Magyaren V6) bisher
das Übergewicht hatten, namentlich wegen ihrer Bedeutung als Kulturträger. In den beiden
Hauptbecken vollziehen sich auch die beiden Hauptkämpfe: Deutsche gegen Magyaren, Deutsche
gegen Tschechen. Seit 1867 zwei Reichshälften; die österreichische von geradezu ungeheuer-
licher Form — zusammengesetzt aus 17 verschiedenartigen Kronländern, — die ungarische ein-
heitlich abgerundet, bestehend aus 2 gleichartigen Königreichen; in Osterreich 36 % Deutsche,
23 % Tschechen und Slowaken, in Ungarn 43 % Magyaren, 12 % Deutsche. An Stelle der
Realunion von den Magyaren eine Personalunion erstrebt (in erster Linie ungarische statt deutsche
Heeressprache).
Die wirtschaftlichen Leistungen dem fruchtbaren Erdreich und den reichen Boden-
schätzen noch nicht entsprechend. Ertrag an Körnerfrüchten geringer als iu dem kleineren Deutsch-
laud. Wald in Osterreich 33 %, in Ungarn 28%, Holzausfuhr in Europa au 3. Stelle. — Vieh-
bestand nicht ganz so groß wie in Deutschland; Ungarn weniger Pferde als das gleich große
Preußen.
Kohlengewinnung l/it Roheisenerzeugung V7 der Deutschlands (Hauptland für
beides Böhmen, für Eisen auch Steiermark). Goldgewinnung größer als in Deutschland
(Siebenbürgisches und Ungarisches Erzgebirge, elfteres vielleicht bedeutendstes Lager Europas);
Kupfer in Ungarn, Blei in Kärnten/ für Quecksilber Krain (Jdria) Hauptland Europas;
Galizien drittwichtigstes Petroleumland, viel Salz, zahlreiche Mineralquellen.
Bedeutung der Industrie für das Erwerbsleben noch gering (Osterreich an 16., Ungarn
an 12. Stelle in Europa). Der Westen, besonders der Nordwesten darin vom Osten sehr ver-
schieden: die Sudetenländer und einige Alpenländer ganz hervorragende Industriegebiete, die
ungarischen Länder zum Teil fast industrielos
Der Handel entspricht noch keineswegs der bedeutsamen Lage und der reichen natürlichen
Ausstattung. Ursachen: die kurze Küste mit ungünstigem Hinterland, die hohe Gebirgsumwallung,
die Mängel der Donaustraße (dagegen große Bedeutung der Elbe, § 233), der Bildungsrück-
stand, der politische Hader, die Rückständigkeit der Balkanstaaten und die Vorliebe des Groß-
Handels für den Seeweg.
a) Die österreichische Reichshälfte.
1. Die österreichischen Alpenländer (Ost-Alpen s. §158) ausgezeichnet durch lanv-
schaftliche Schönheit (Touristenverkehr Tirols und des Salzkammerguts), durch Sennenwirtschaft
und Bodenschätze (Salz in Tirol und Salzkammergut, wichtiges Eisenlager in Steiermark, Blei
in Kärnten, Quecksilber in Krain; auch Kohlen). Tirol anziehend durch seine großartige Alpen-
welt wie durch die Eigenart seiner tapferen, treuen, sangesbegabten Bewohner mit ihren schönen
Volkstrachten; wichtig als Durchgangsland (Brennerpaß, Arlbergtnnnel); das sonnige Etschtal
mit reicher Pflanzenwelt italienischen Gepräges. Salzburg gleichfalls ein vielbesuchtes Alpenland
mit großartigen Wasserfällen, bekannt durch das Wildbad Gastein und durch die herrlich gelegene
Landeshauptstadt, eine der schönsten Städte Europas. Kärnten, das Gebiet der oberen Drau,
schon mit bedeutenden Talebenen; der 26 km lange Bleiberg die reichste Bleifundstätte Europas.
Steiermark, von der Mur durchflössen, wichtig durch ein großes Eisenlager, das den besten Stahl
Europas liefert, auch mit bedeutenden Kohlenlagern. Krain in seiner südlichen Hälfte Karstland
mit eigenartigen Karsterscheinungen (Adelsberger Grotte, Zirknitzer See, unterirdische Flüsse);
das Quecksilberbergwerk von Jdria das zweitbedeutendste Europas. Ober-Österreich im Norden
mit schöner Donanstrecke, im Süden mit dem herrlichen, salzreichen Salzkammergut, der „östereichi-
scheu Schweiz". Nieder-Österreich mit fruchtbaren Becken (das Tulluer Feld, das industriereiche
Wiener Becken, das an Schlachtörtern reiche, steppenförmige Marchfeld) und dem schönen, lebens-
frohen Wien.
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Extrahierte Personennamen: Jdria
Extrahierte Ortsnamen: Deutsche_Reich Europas Ungarn Osterreich Ungarn Osterreich Ungarn Europa Deutschland Deutschlands Deutschland Europas Ungarn Krain Jdria Europas Galizien Osterreich Ungarn Europa Tirols Steiermark Krain Salzburg Wildbad_Gastein Europas Europas Europas Europas Ober-Österreich Donanstrecke Nieder-Österreich Wien
§ 412.
Balkan-Halbinsel.
10
torin), häufige Erdbeben, besonders in Griechenland. — Der Balkan eine am Südrand gehobene
Urgebirgsscholle (vgl. Erzgebirge), im Norden überlagert von der Bulgarischen Kreidetafel. Am
Südfuß das schöne, fruchtbare Tal von Kasanlyk (Rosenzucht) und das Becken von Sofia. Zahl-
reiche Pässe (Schipka). — Größere Ebenen außer der rumänischen das Becken der oberen Maritza
(Philippopel) und der unteren Maritza (Adrianopel).
Infolge der kräftigen Bodengliederung ein buutes Völkergemisch (nur 8% Türken).
Aus dem zerbröckelnden Türkenreich lösen sich nach und nach die einzelnen Völker aus. Die geistigen
und wirtschaftlichen Verhältnisse infolge der. türkischen Mißwirtschaft rückständig.
Ii. Die Staaten. 1. Die Europäische Türkei. Nur halb so groß wie Preußen; nicht ganz
so viel Einwohner wie Bayern (von den 6 Mill. nur 1 y2 Mill. Türken). — Das Land bestehend
aus dem mittleren Teil des Dinarischen Gebirges und dem südlichen Schollenland; größte Ebene
das Becken von Adrianopel (untere Maritza). Zwei Landschaften: Albanien und Rumelien
(Makedonien und Thrakien). Traurige soziale Lage, Bauern und Bürger vou den Beamten
ausgesaugt; Besserung durch das neue Regiment (Verfassung 1908) zu erwarten. Ausfuhr:
1. Rohseide und Kokons, 2. Weintrauben, 3. Mohairwolle; dann Mais, Opium, Feigen, Erze,
Teppiche.
2. Das Fürstentum Bulgarien. So groß wie Bayern mit Württemberg. Im Norden
der Balkan (s. o.), mit der Bulgarischen Kreidetafel zur Donau abbrechend; im Süden, in Ost-
Rumelien, das fruchtbare Becken von Philippopel (obere Maritza). — Die Bulgaren „das be-
triebsamste Volk im ganzen Südosten Europas", auch mit guter Veranlagung für (Haus-)Judustrie.
Bodenkultur bereits so gehoben, daß für 50—100 Mill. Mk. Getreide ausgeführt werden kann.
3. Das Königreich Serbien. Um % größer als Schlesien; das Gebiet der Mürawa und
ihrer Nebenflüsse (Furchenkreuz); wichtiges Durchgaugslaud (Belgrad-Nisch-Salouiki<Konstanti-
nopel]). — Die Serben weniger fortgeschritten als die Bulgaren und Rumänen, politisch unruhig
gleich den Griechen. Bodenkultur noch sehr rückständig; für die Ausfuhr der Zwetfcheubau von
Bedeutung. In der Viehzucht infolge reichlicher Eichelmast die Schweinezucht vorherrschend.
4. Das Fürstentum Montenegro. Halb so groß wie Württemberg, ein ranhes, uuwirt-
liches Gebirgsland (Karst). Die Bewohner ein schön gebauter Menschenschlag, arm, aber tapfer
und stets unabhängig gewesen.
5. Das Königreich Rumänien. Um % größer als Bayern mit Württemberg; die Moldau
das östliche, die Walachei das südliche Karpaten-Außenland. Das Donautal sumpfig, die Donau
netzförmig, durch Dobrudschaplatte an direkter Mündung verhindert. — Die Rumänen romani-
sierte Dakier; Moldau und Walachei 1861 vereinigt. Fruchtbarer Boden, im Westen reicher
Ackerbau, in den Steppen des Ostens überwiegend Viehzucht. Am Karpatenrand bedeutende
Petroleumgewinnung. Getreideausfuhr im Werte von 180 Mill. Mk.
6. Das Königreich Griechenland. Nicht ganz so groß wie Bayern rechts vom Rhein. Mit
reicher Küstengliederung, der Peloponnes fast ganz abgeschnürt; nach seiner Lage der Vermittler
zwischen drei Erdteilen. Die heißeste der drei südlichen Halbinseln; Sommerdürre. Mannig-
faltige Oberflächengestaltung (im Westen Dinarisches Gebirge, in: Osten selbständige Ketten
quer zur Ostküsie;) viele kleine Einzelbecken, in denen sich die kleinen Staatswesen des alten Griechen-
land entwickelten. Die wichtigsten Landschaften im Osten gelegen: die fruchtbaren Becken Thefsa-
lien und Böotien, die dürren Halbinseln Attika und (im Peloponnes) Argolis. Der wertvollste
Teil des Königreichs die Inseln, besonders die Jonischen.
Die alten Griechen übernehmen die Kultur Ägyptens und Vorderasiens, entwickeln sich
zur See- und Kolonialmacht und bringen Künste und Wissenschaften auf eine staunenswerte
Höhe, schwächen sich aber durch Stammeskriege und gehen früh unter. — Die heutigen Griechen
(Neugriechen) ein Mischvolk aus Griechen, Slawen und Albanesen, den Ahnen wenig ähnlich
Durch die Großmächte von der Türkei befreit, aber geringe Fortschritte; politisch unruhig. —
Wirtschaftliche Leistungen nicht hervorragend; trotz der fruchtbaren Beckenlandschaften erhebliche
Getreideeinfuhr; von großer Bedeutung der Korinthenbau. Schwerpunkt des wirtschaftlichen
Lebens der Handel, namentlich auch Vermittelungshandel an den Küsten des östlichen Mittel-
meeres und des Schwarzen Meeres.
Kernsätze.
1. Die Balkanhalbinsel bildet zusammen mit Kleinasien die große Landbrücke
zwischen Asien und Europa.
2. Das reich gegliederte Griechenland insonderheit ist die Kontaktstelle zwischen
Morgen- und Abendland, an der sich die erste europäische Kultur entzündet.
3. Die leichte Zugänglichkeit von Asien wie vom Donautal aus bedingte eine
buntgemischte Bevölkerung; die Dnrchgitterung mit Gebirgen verhindert deren
staatliche Einigung.
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21
Frankreich.
§415.
2. Das Saöne-Rhonetal einer der wichtigsten Verkehrswege Europas. Das Rhonetal
zwar vielfach sandig und schon mit mittelmeerischer Sommerdürre, aber durch Wein-, Oliven-
und Maulbeerbaumkultur von höchster wirtschaftlicher Bedeutung. — Die angrenzenden sran-
zöfischen Alpen sind, von der Pelvonxgruppe und dem Grenzpfeiler Montblanc abgesehen,
Kalkalpen, die infolge der Sommerdürre und der Entwaldung einen öden, oft wüstenartigen
Charakter tragen, besonders in der Provence. Am Meer die herrliche Rivißra. — Das Saünetal
gut angebaut^ mit dem weinreichen Burgund (Eote d'or). Der angrenzende Jura ein abgeirrter
Zweig der Kalkalpen, im Osten stark gefaltet (Verlauf der Flüsse!), im Westen eine dürre Tafel;
Taschenuhrenindustrie.
3. Das dreieckige Garonnebecken eine aufgefüllte Meeresbucht. Das Tal der oft über-
tretenden Garonne fruchtbar und weinreich (Medoc). Gradlinige Dünenküste, dahinter eine große,
in der Aufforstung begriffene Heidelandschaft (les lanckeg). Die angrenzenden Pyrenäen haben
nach hier ihren regen- und wiesenreicheren Abhang. Zirkustäler.
4. Die Bretagne ein abrasiertes altes Gebirge mit zwei Grcmitrücken; wie ein Wellen-
brecher vorspringend Klima regen- und nebelreich, unwirtlich; weite Heide- und Ginsterflächen,
Bevölkerung noch heute mit britischem Typus, reich an alten Sagen; viele Denksteine und Grab-
kammern aus keltischer Zeit.
5. Das Pariser Becken eine (geologische) Musterschüssel; Steilabfälle der Schichten ringsum
nach außen, besonders nach Osten (Escarpments), natürliche Festung; der geschichtliche Kern
der Landschaft. Im Osten (aus der Kreidetafel) die Champagne mit großartigem Weinbau (nur
im westlichen Teil; die Mitte die „lausige" Champagne). Im Süden zunächst dürre Kiefern-
landfchaft, dann das Loiretal, der „Garten Frankreichs". Im Westen die freundliche, wiesenreiche
Normandie; im Norden Frankreichs wichtigstes Industriegebiet (Lille usw.). In der Mitte
in fruchtbarer (tertiärer) Hügellandschaft Paris.
Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. Leitlinien § 256). Die Bevölkerung national und
kirchlich fast gänzlich einheitlich. Ausfällig geringe Volksvermehrung (1890 und 91 mehr Sterbe-
als Geburtsfälle); dadurch auch die Wirtschaftsergebnisse gedrückt. Wert der Bodenerzeugnisse
(einschl. Wein) erheblich geringer als in Deutschland trotz größeren Bestandes an Ackerland. (Ge-
treibe in Frankreich im Durchschnitt der Jahre 1901/03: 17, in Deutschland 24 Mill. t.) Haupt-
getreide Weizen. Erstes Weiulaud der Erde (zeitweilig von Italien erreicht). Baumöl weniger
als in Italien und Spanien, aber besser (Provenceöl). — Viehzucht nicht hervorragend (weniger
Rindvieh, aber mehr Schafe als in Deutschland). — Bergbauerzeugnisse genügen nicht für den
eigenen Bedarf. Gewinnung von Roheisen 3 mal so gering als in Deutschland. — Industrielle
Betätigung etwas geringer als in Deutschland (35,6 gegen 40% der Erwerbstätigen). Seiden-
industrie die erste der Welt, auch Wolle- und Baumwollindustrie bedeutend, weniger die Eisen-
indnstrie. Hervorragend kunstgewerbliche und Modegegenstände, überhaupt Qualitätsware
(Pariser Artikel). Nach Handel und Verkehr das dritte Land Europas (England, Deutschland,
Frankreich). Wasserstraßen 12 y2 Taus, km (Deutschland 14), davon 5 Taus, km Kanäle (Deutsch-
land 2), zum großen Teil aber nicht mehr zeitgemäß. Handelsflotte die 4. in Europa (England,
Deutschland, Norwegen, Frankreich). Handelsumsatz 11 Milliarden (Deutschlaud 16^/z, Eng-
land 221/3). Davon kommt auf den Austausch mit England 2, mit Deutschland und Belgien
je I1/4, mit den Vereinigten Staaten 1, mit Algier 2/3 Milliarde. Haupteinfuhrgegenstand
Wolle (dauu Kohle, Baumwolle und Seide), Hauptausfuhrposten Seidengewebe. Großer Fehl-
bedarf an Kohle, Holz und Getreide; der wirtschaftliche Ausgleich dafür geschaffen durch Pariser
und Modeartikel. (Weinausfuhr nicht immer größer als -Einfuhr).— Für Deutschlands Handel
an 5. Stelle.
Der frühere Kolonialbesitz fast ganz an England verloren gegangen; das seit 1830 neu-
gegründete Kolonialreich reichlich doppelt so groß als das deutsche, zu 5/6 in Afrika gelegen.
Kernsätze.
1. Frankreich hat eine ebenso lange See- als Landgrenze.
2. Entsprechend versuchte es, die Vormachtstellung sowohl zur See wie aus
dem Festland zu erringen, beides allerdings ohne dauernden Erfolg.
3. Infolge der günstigen Seelage (Küstenanteil sowohl am alten wie am neuen Kultur-
meer) konnte es sich ein bedeutendes Kolonialreich gründen und für seinen Handel
den dritten Platz in Europa, für seine Seekriegsstärke bis 1905 den zweiten Platz
in der Welt behaupten (1909 vierter Platz).
4. Auf die benachbarten Festlandsmächte übte es durch Jahrhunderte einen
hervorragenden Einfluß aus, nichtbloß als zeitweilige äußerebeherrschung, sondern
auch im Sinne einer Durchdringung mit neuen politischen Gedanken freiheitlicher
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europas Burgund Frankreichs Lille Paris Deutschland Frankreich Deutschland Italien Italien Spanien Deutschland Deutschland Deutschland Europas England Deutschland Frankreich Deutschland Europa England Deutschland Norwegen Frankreich England Deutschland Belgien Algier Deutschlands England Afrika Frankreich Europa
Einleitung.
37
und Dresden verfertigten physikalischen, mathematischen, optischen, chi-
rurgischen und musikalischen Instrumente. Oer Reichthum der Natur-
und Kunstprodukte erzeugt starken Handel, der sowohl zur See als
zu Lande geführt wird. Amsgeführt werden besonders folgende rohe
Produkte: Metalle, Wolle, Pferde, Rinder, Salz, Holz, Vitriol,
Schwefel, Rübsaamen und Obst. Wenig Kanäle, aber viele und
immer besser werdende Landstraßen, T sse cura n za n st a lt en ,
Messen, Banken, Handelsgesellschaften, treffliche Post -
einrichtungen fördern den Verkehr; Zollsysteme und Mauth-
linien haben ihm leider Fesseln angelegt, wie sie kein anderer Staat
der Welt kennt; jedoch scheinen die Handels- und Zollverträge, welche
mehre Staaten seit einigen Jahren abgeschlossen haben, diese allmälig
lösen zu wollen. Ein Hinderniß des Verkehrs ist auch die große Ver-
schiedenheit der Münzen, Maaße und Gewichte. Wir bemerken hier
nur die verschiedenen Astten des Münzfußes, a) Der Lübsche Fuß
in Hamburg, Lübeck, Holstein und Meklenburg prägt aus der Mark
reinen Silbers (16 Loth) 17 Gulden oder 34 Mark; b) der Leipzi-
ger oder Reichsfuß in Meklenburg und Hannover (die sogenannte
Kassenmünze) 18 Gulden; c) der Conventions Fuß in Öster-
reich, Sachsen, Hannover, Hessen Kassel, Braunschweig u. a. 20 Gul-
den ; ä) der Graumannsche oder Preußische Fuß 21 Gulden;
e) der Vier und zwanzig Gulden fuß in Baiern, Baden, Wür-
temberg, Hessen Darmstadt, Nassau u. a. rechnet die Mark zu 24 Gul-
den, hat aber nur in Baden wirklich ausgeprägte Münzen; nach die-
sem gilt ein Conventions Gulden nicht 60, sondern 72 Kreuzer. Über
Maaß und Gewicht vergl. die Tabelle B. —• Bor mehr als einem
Jahrtausend war Deutschland im O. des Rheins von heidnischen Stäm-
men bewohnt. Karl der Große besiegte die Sachsen, Baiern n. a.
Völkerschaften, brachte ihnen das Christenthum und machte das Land
bis zur Eider und Ungarns Gränze zur Provinz des Fränkischen Reiches.
Durch den Theilungsvertrag seiner Enkel,zu Verdun (843) ward es
ein eigenes Königreich. Mit dem Amssterben der Nachkommen Karls
(911) ward Deutschland ein Wahlreich. Fränkische, Sächsische und
Schwäbische Herzöge saßen auf dem Deutschen Königsthron und er-
weiterten das Reich nach verschiedenen Seiten. Es entstanden im
X.jahrh. die Markgrafschaften Meißen, Nordsachsen und
Schleswig; ja eine besondere östliche Mark (in der heutigen Lau-
sitz) wurde gestiftet, und ein großer Theil des alten Lothringens (die
Länder am Mittel- und Niederrhein, an der Mosel, Maas u. Schelde)
ward Deutsche Provinz. Im Xi. Jahrh. wurde sogar Burgund (die
Schweiz, und die Französ. Provinzen Burgund, Danphinee, Provence,
Franche Comte) mit Deutschland vereinigt, und auf Ungarn, Polen
und Italien erstreckte sich des Römischen Kaisers (denn seit Ot-
to's I. Zeiten (962) war diese Würde mit der Deutschen Königskrone
vereinigt) mächtiger Einfluß; auch Meklenburg und Pommern wurden
im Xii. Jahrh. besiegt, und die dort hausenden Slavischen Stämme
nahmen, wie früher ihre Brüder an der Mittlern Elbe und Oder das
Christenthum vom Sieger an. Böhmen wurde 1276, Schlesien 1365
mit dem Deutschen Reiche verbunden. So groß war indeß Deutsch-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karls Maas
Extrahierte Ortsnamen: Dresden Lübsche_Fuß Hamburg Holstein Meklenburg Meklenburg Hannover Öster- Sachsen Hannover Hessen_Kassel Braunschweig Baiern Baden Hessen_Darmstadt Nassau Baden Deutschland Rheins Sachsen Baiern Ungarns Verdun Karls Deutschland Deutschen_Königsthron Niederrhein Burgund Burgund Deutschland Ungarn Polen Italien Meklenburg
292
Niederlande.
gerecht. In wissenschaftlicher Hinsicht steht die Nation seht nicht so
hoch altz die Deutsche, und wenn gleich Holland ausgezeichnete Männer
in vielen Fächern des Wissens und in der Kunst hervorgebracht hat,
so ist doch die glänzendste Periode der Literatur dort schon hinter der
Gegenwart. Nicht mit Unrecht wirft man den Cr. der nördlichen Pro-
vinzen ein starres Festhalten am Alten in Wissenschaft und Religion
vor; weit freier bewegt sich der S. Niederländer, dem es aber auch an
Gründlichkeit fehlt. Die Kunst scheint ziemlich verwaiset, weder Maler
(man denke an die glänzenden Namen des Xvl. u. Xvii. Jahrh.)
noch Bildhauer, noch Musiker der jehigen Zeit haben besonderen Ruhm.
Unstreitig herrscht in den N. Provinzen mehr Aufklärung als in S.
Für eigentlich literarische Bildung ist indeß auch in N. mehr geschehen,
als für den Volksunterricht. Man zählt 6 Universitäten und über
100 Athenäen und Gymnasien, mehr als 70 Gelehrten- und Künstler-
vereine, und mancherlei wissenschaftliche u. Kunstsammlungen.— Die
Niederlande waren vor Jahrhunderten in viele kleine Staaten getrennt,
die, obgleich sie nach dem Vertrage zu Verdun zu Deutschland gehör-
ten, sich doch seit dem Xi. Jahrhunderte unabhängig machten und end-"
lich fast alle dem Hause Burgund unterworfen wurden. Nach dem
Aussterben desselben mit Karl dem Kühnen 1477 kamen sie
an dessen Tochtermann Maximilian!, von Deutschland und dessen
Sohn Karl V. Sie wurden 1512 wieder mit dem Deutschen Reiche,
als Burgundischer Kreis, vereinigt, und genossen große Vor-
rechte. Die 17 Provinzen, welche sie bildeten, waren theils Herzogthü-
mer, theils Grafschaften, theils freie und bischöfliche Staaten. Nach
Karls V. Zurücktritt von der Regierung 1555 sielen sie an Phi-
lipp Ii. von Spanien, der, ihre Vorrechte nicht achtend, und voll
Haß gegen den sich immer mehr verbreitenden Protestantismus durch
den harten Druck seiner Statthalter Granvella und Alba das
gemißhandelte Land zur Empörung zwang. Im Jahre 1579 erklär-
ten sich in der Utrechter Union die 7 nördlichen Provinzen Hol-
land, Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Gronin-
gen und Friesland für unabhängig, und behaupteten nach langem
blutigen seit 1566 unter Leitung der beiden Prinzen v. Nassauora-
nien, Wilhelm (71583) u. Moritz (71625), geführten Kampfe
im Frieden zu Antwerpen (1609) und Münster (1648) ihre Un-
abhängigkeit. Immer blühender ward durch die Eroberung der Portu-
giesischen Colonien in Indien ihr Handel, immer größer ihre Seemacht.
Hernach entstanden aber innere Unruhen. Das Haus Oranien
machte allmählig seine St a t t h a lt e r w ürde in allen Provinzen erb-
lich , erbitterte zuletzt durch Preußens bewaffnete Einmischung (1786)
die Gegenparthei, und erleichterte den Franzosen die Eroberung des
Landes 1794. Es entstand die Batavische Republik, die endlich
nach verschiedenen Verfassungsveränderungen 1806 in das Königreich
Holland verwandelt wurde, und Bonapartes Bruder, Ludwig,
zum Regenten erhielt. Längst schon waren die Colonien von England
erobert, die Seemacht vernichtet und der Handel gänzlich zu Grunde
gegangen. Ludwig legte 1810 die Regierung zu Gunsten seines Soh-
nes nieder, aber der Franzos. Kaiser vereinigte wenige Wochen hernach
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Maximilian! Maximilian Karl_V. Karls_V. Karls_V. Granvella Wilhelm Moritz_( Bonapartes Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Deutschland Burgund Deutschland Spanien Seeland Utrecht Overyssel Friesland Antwerpen Indien Batavische_Republik Holland England
336
Italien.
Volksbildung ist kläglich; jedoch Zeichen sich die Länder Deutscher Für-
sten meistentheils rühmlich vor den anderen aus. Obgleich die Fin-
sterniß des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Elassiker
zuerst in Italien (Xiii. u. Xlv. Jahrh.) erhellt wurde, so steht dies
Land doch an Höhe der Bildung und an Zahl der Gelehrten vielen
anderen Europ. Ländern nach. Noch immer hegt aber Italien Meister
und Meisterstücke der schönen Künste, für welche selbst im Volke
hier mehr Sinn ist, als in irgend einem anderen Lande. — Seit mehr
als einem Jahrtausend ist Italien ein politisch zerrissenes Land gewe-
sen, in mehre Staaten getheilt, die fast immer Fürsten Deutschen,
Spanischen und Französischen Stammes gehorchten; daher keine
Nationaleinheit. Nach dem Untergänge des W. Römischen Reiches (476)
bildeten Ostgothen, nach ihnen Longobarden in der N. Hälfte
einen bedeutenden Staat, während in S.italien die Griechischen
Kaiser herrschten. Durch Karls des Gr. und Otto's I. Eroberung (774
und 951) ward Italien von Fränkischen und Deutschen Für-
sten abhängig und in diesem Verhältnisse bildeten sich zuerst der Kir-
chenstaat, dann, bei der Schwäche der Deutschen Könige, mächtige
Städte und durch sie Republiken und Herzogthümer aus,
die jedoch zum Theil noch durch Lehnsverband von Deutschland abhän-
gig blieben, während S. Italien sich durch Normänner zu einem eige-
nen Königreiche Neapel bildete. Heftige Kämpfe um die Italie-
nischen Staaten in den letzten drei Jahrh. zwischen Österreich, Frank-
reich und Spanien. Mehre Herzogthümer und die beiden mächtigsten
Freistaaten, Venedig und Genua, sind in den Jahren der Euro-
päischen Umbildung verschwunden und das ganze Land besteht jetzt aus
3königreichen: Neapel, dem Lombardisch Venetianischen und
Sardrnischen; dem Kirchenstaate; dem Großherzogthum Tos-
kana; 3herzogthümern: Modena, Parma und Lukka, und der
Republik St. Marino. Einige Inseln gehören anderen Staaten an,
Korsika zu Frankreich, Malta zu England. Alle Staaten und In-
seln zusammen (Korsika mitgerechnet) haben 21 Mill. E.
I. Die Sardinischen Staaten.
Theils auf dem festen Lande, vom Meerbusen von Genua in S.,
von Frankreich in W., von der Schweiz in N., vom Lombardischen Kö-
nigreiche, Parma u. einer Toskanischen Provinz in O. begränzt; theils
aus der Insel Sardinien bestehend, begreift der ganze Staat 1330q..M.
Die Alpen in ihrem höchsten Zuge durchziehen oder begränzen diesen
Staat in W. und N. Das Gränzgebiet in N. (vergl. die Schweiz
S. 308)., die Penninischen Alpen enthalten den Großen St.
Bernhard — 10,400 F., den Velan — 10,400 F., den Co mb in
— 13,260 F., den Cervin — 12,560 F., den Rosa — 14,300f.
Von hier an zieht sich das Geb. gegen No. (Leopontische Al-
pen) mit nicht so hohen Gipfeln, unter denen der Simplon —
10,800f., bis zum St. Gotthard in der Schweiz. Von St.bern-
hard an geht die Hauptkette, als Grajische Alpen gegen S. mitten
durch das Land; sie enthält den Montblanc — 14,800f. (nach
Royer — 14,817 §., nach Melden — 14,764 F., 1786 zuerst, 1787
von
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Extrahierte Personennamen: Karls Bernhard_— Gotthard Royer
Extrahierte Ortsnamen: Italien Italien Italien Italien Italien Deutschland Italien Neapel Frank- Spanien Venedig Genua Neapel Modena Parma Lukka Marino Korsika Frankreich Malta England Korsika Genua Frankreich Schweiz Parma Sardinien Leopontische_Al- Schweiz
Vii. Deutschland.
121
eben weil sie eine durchaus eigenthümliche, freiere und reichere ist als die
romanischen, die Fremdlinge abschreckt: znm Theil die rühmliche Wißbegierde
und edle Empfänglichkeit des Deutschen für alles Schöne und Geistvolle
des Auslandes, welche der Fremde leicht mit der Neugier und Bildungs-
bedürftigkeit roherer Völker verwechselt. Wer das Freinde so gründlich
kenne, sich so eifrig damit beschäftige, der müsse wohl, meinten sie, wenig
Einheimisches haben, woran er sich erfreuen könne. Zum Theil ist es auch
gerade die größere Tiefe der deutschen Geisteswerke, welche den an leichtere
Speise gewohnten Ausländer als schwerfällige Dunkelheit abstößt. Wenn
wir aber unser Vaterland und unser Volk nur irgend gründlich mit den
übrigen Ländern Europas vergleichen, so können wir uns wohl ohne Eitel-
keit und in gerechtem Stolze manche unleugbaren Vorzüge nicht verbergen.
Ja, wir stehen nicht nur vollständig ebenbürtig als eine der ersten Nationen
der Erde da, sondern in vielen Stücken an der Spitze der Civilisation; zu
einem Volke geeint werden wir die Wächter des Friedens und die erste
Nation der Erde sein. — An geistigen Vorzügen überwiegt die deutsche
Nation alle anderen der Erde. Wäre nur das Eine, daß das Grund-
princip der Reformation, die freie Forschung, jene geistige Wiedergeburt
Europas, welche ihre Lichtstrahlen über den ganzen Welttheil ver-
breitet und überall wahre Wissenschaftlichkeit und bürgerliche Freiheit auch
da hervorgerufen hat, wo man sie verkannte; welche das einzige, wahre,
unüberwindliche Bollwerk bildet gegen jede Wiederkehr der Barbarei und
des Despotismus; wäre auch nur dies Eine, daß die Reformation
deutschen Ursprungs und im Grunde auch nur in Deutschland lebendig
auch
otestantischen
starren Schlafe zu liegen scheint: so würde schon dies
geistige Neberlegenheit Deutschlands siegreich zu behaupten.
die
V ' ' I ' U I U f ’ u
sicher Hinsicht, die größte Umwandlung in der Welt hervorgebracht, die
Erfindung der Bnchdruckerkunst und des Schießpulvers (wenigstens zum
zweiten Male, da dasselbe den Arabern früher bekannt gewesen), Deutsch-
land angehören. Wir dürfen rühmen, daß den Deutschen die tiefsinnige
Erfindung jener einzig der alten entgegenzusetzenden Baukunst, welche
gewöhnlich, aber einseitig, die gothische genannt wird, zukommt. Wir
dürfen die deutsche Malerschnle, wenn auch nicht der italienischen, doch der
niederländischen wenigstens an die Seite stellen, und auch die Kunst des
Kupferstichs ist eine deutsche Erfindung. In der Musik dürfen nur
älteren Italiener sich mit den Deutschen messen. Aus der neueren Zeit ge-
denken wir der großartigen Erfindungen des elektromagnetischen Telegraphen
und der Spectral-Analhse, beides Produkte deutschen Geistes. Wir, die
wir die Geisteswerke anderer europäischer Völker nicht allein kennen, sondern
oft sie gründlicher würdigen als das Volk, dein sie angehören, dürfen uns
in vieler Hinsicht des Vergleiches mit den gerühmtesten Werke:, fremder
Dichtkunst nicht schämen, und die gründliche Gelehrsamkeit, der nnermüdete
Fleiß, die unbefangene geistvolle Forschung deutscher gelehrter Werke wird
selbst von den ausländischen Gelehrten, welche im Stande sind, sie zu
benutzen, anerkannt. Einzig steht Deutschland da in der Tiefe der philo-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europas Europas Deutschland Deutschlands Deutschland
122
A. Europa.
sophischen Speculation, wovon andere Völker kaum eine Ahnung haben;
und zu gleicher Zeit giebt es kein Land in der Welt, wo die Schulen so-
wohl für die höchste Bildung als für den Volksunterricht so zahlreich und
im Ganzen so zweckmäßig eingerichtet wären, als in Deutschland; kein Land,
wo mannigfaltige Kenntnisse und Bildung so allgemein verbreitet wären.
Abermals einzig steht Deutschland, und verdankt diesen Vorzug wieder
der Reformation, in dem Reichthum und der Innigkeit kirchlicher Lieder;
in der Tiefe und dem wahrhaft christlichen Geiste sowohl der theologischen
Forschungen als der Kanzelberedtsamkeit, wenn auch die glänzendere, aber
meist oberflächliche und dürftige Beredtsamkeit der französischen Kanzelredner
von Unkundigen mehr bewundert wird. Und wenn nun Deutschland trotz
seiner weniger giinstigen geographischen Lage, trotz seiner Theilung, trotz
der beinahe unaufhörlichen Kriege, wovon es der Schauplatz gewesen ist,
doch auch an Wohlstand und allgemein verbreiteter Betriebsamkeit nur den
begünstigtsten Ländern Europas um Weniges nachsteht, so wird man ohne
Unbilligkeit dem Deutschen den Ruhm geistiger und bürgerlicher Thätigkeit
nicht absprechen können. — Rur in einer einzigen Hinsicht stehen wir gegen
einige andere Völker zurück, in politischer Einheit und Kraft, doch wir sind
auf dem besten Wege, auch auf diesem Gebiet die Ersten zu werden; mit
der größeren Einigung und in dem Streben nach Einheit, sowie durch die
glänzenden Siege im Jahre 1866, hat sich auch das Nationalgefühl bedeutend
gehoben. Seit der Begründung des Norddeutschen Bundes durch Preußen
und dein neuen Abschluß des Zollvereins zwischen den Nord- und den Süd-
staaten, wie nicht minder durch die Militärconventionen oder Verträge, ist
Deutschland, allerdings vorläufig mit Ausschluß der deutsch-österreichischen
Staaten, zu einer Gesammtmacht ausgebildet, die, wenn sie von Ost oder
West angetastet werden sollte, ihre Riesenkräfte nur noch mehr entfalten
würde; jede fremde Einmischung in Deutschlands innere Angelegenheiten ist
glücklicher Weise unmöglich geworden. Die frühere Theilung Deutschlands
in so viele Staaten von ungleicher Größe, woraus von jeher gegenseitiger
Neid, Abneigung stammverwandter Völker, verderbliches Anschließen einzel-
ner an fremde Mächte und Schwächung des Ganzen hervorgegangen sind,
Deutschland ist dadurch
hat auch ihren segensreichen Einfluß gehabt,
vor jenem einseitigen und starren Nationalegoismus anderer Völker bewahrt
geblieben und durch die verschiedenen Mittelpuiikte für Wissenschaft und
Bildung in den verschiedenen Staaten konnte diese von vielen Punkten
aus sich gleichförmig über das ganze Volk verbreiten, niemals aber, wie
in vielen anderen Ländern, das ausschließliche Eigenthum einer Alles
verschlingenden Hauptstadt werden. Der Trieb der freien Selbstbestimmung,
der Individualismus, überwiegt in unserer Nation den Trieb nach
Selbstständig zu sein im Denken und im Dichten, in der
Religion wie in Wissenschaft und Kunst, gilt dem Deutschen mehr als
Einheit und Stärke des Vaterlandes, als Centralisation und Uniformität.
Am höchsten schätzt er die Gewissensfreiheit. Die kirchliche und religiöse
Reformation in Nimm das ebenbllrtiaite Kii
ihm so
kung lind
Großen: „Bei mir kann Jeder nach seiner Fa^on selig werden", verräch
Einheit.
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TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Deutschland Deutschland Europas Deutschland Deutschlands Deutschlands Deutschland
Vii. Deutschland.
123
nicht bloß allgemeinchumane, sondern auch ächt-deutsche Art und Natur.
Unser Baterland hat, wie Professor Kutzen in seinein schönen Buche (das
deutsche Land, Breslau 1855) sagt und ausführt, eine centrale, con-
ceutrirende, vermittelnde und ausgleichende Stellung und
Gestaltung.
Die in Europa von Ost nach West, Nord nach Süd, Nordost nach
Südwest, Nordwest nach Südost gezogenen Linien treffen in Deutschland
zusammen. Dieselbe centrale Stellung behauptet es in Bezug auf die
Europa umgebenden Meere, indem es an die Ost- und Nordsee und an
das Adriatische Meer anstößt.
Es ist dadurch das ethnographische Grenz-, Vermittlungs- und
Bermischungsland geworden, lvie es als solches in der Geschichte erscheint.
Es hat an seinen Grenzen slavisch-deutsche, französisch- und belgisch-deutsche,
italienisch-deutsche, standinavisch-dentsche Völkergemische. Nach allen Seiten
hin hat es (leider) Bruchstücke seiner Bewohner abgegeben.
Damit stehen universalistische Verhältnisse in Verbindung. Die
nach der Völkerwanderung auf deutschem Boden zurückgebliebenen germa-
nischen Stämme bildeten den Mittelpunkt der gesammten christlich-germani-
schen Welt. In der Glanzperiode des römisch-deutschen Kaiserthums war
das deutsche Reich das herrschende, war es das Centralland der allgemeinen
Interessen und Kämpfe. Kein Land Europas zählt so viele Schlachtfelder
großer Eutscheidungskämpfe als Deutschland, das fast als eine unermeß-
liche Wahlstatt zwischen den Völkern des Ostens und Westens, des Nordens
und Südens zu betrachten ist.
Auch in seinen hydrographischen Verhältnissen nimmt Deutschland
ein mittlere Stellung ein.
Dasselbe gilt von den klimatischen, es hat ein europäisches
Mitteltlima, „das eben so sehr vor nordischer Armuth, welche den
Geist abstumpft, wie vor südlicher Fülle, welche die Thatkraft erschlafft und
die Sinnlichkeit überreizt, zu schützen geeignet ist", kurz, unser Vaterland
zeichnet sich durch den Charakter der Mitte, des Ebenmaßes in höchster
Mannigfaltigkeit innerhalb alle Extreme vermeidender Grenzen aus; seine
Natur wie sein Einfluß wirken vermittelnd, ausgleichend. In gei-
stiger Beziehung ist es auch das Hanptland der geistigen Mitte öder-
er mitt tun g, „als das von allen Seiten an sich ziehende und ansam-
melnde Ideen - Centrum Europas, als das in dieser Hinsicht der ganzen
Welt bedürftige Herz". Umsonst suchen wir nach einem Lande und Volke
von gleicher Allseitigkeit, Ivo die allgemeinen Wissenschaften so gepflegt und
ausgebildet, die Kenntnisse so ausgebreitet sind wie in Deutschland, das
geneigt ist, alles in der Fremde Entwickelte in sich aufzunehmen und das
Eigenthümliche wie das zum Eigenthum umgeschaffene Fremde dem Aus-
lande wieder mitzutheilen.
Die politische Zerspaltung Deutschlands ist nicht bloß durch geschicht-
liche, sondern auch durch geographische Verhältnisse herbeigeführt worden.
Die Natur des Landes widerstrebt der Centralisation und einer das ganze
einige Deutschland beherrschenden Hauptstadt. Die Mannigfaltigkeit der
Bodenverhälttüsse hat dagegen die in der Bodenplastik sich aussprechende
vielfache Jndividualisirung der Localitäten und eine eben so große Mannig-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Ivo
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Breslau Europa Nord Nordost Nordwest Deutschland Europa Nordsee Kaiserthums Europas Deutschland Deutschland Europas Deutschland Deutschlands Deutschland