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1. Einpräge- und Wiederholungsheft zu H. Harms, Länderkunde von Europa - S. 6

1911 - Leipzig : List & von Bressensdorf
§ 411. Italien. 6 4. Südlich davon dehnen sich an der Westküste die Maremmen (einschl. der Pontinischen Sümpfe 400 Km lang), fieberhauchende, sumpfige Landschaften, fast menschenleer, nur im Herbst bevölkert von Hirten und Herden. — Gleichfalls von der Malaria beherrscht und menschenarm ist die benachbarte Tufflandschaft der Römischen Kampagna, einst bedeckt mit Städten und Villen, deren Trümmer ihr einen eigenen Reiz verleihen, jetzt gleich den Maremmen nur in der fieber- freien Herbstzeit von zahlreichen Hirten mit großen Herden aufgesucht. 5. Kompanien mit dem Golf von Neapel, das Paradies Italiens, sorgfältig bewässerter vulkanischer Boden, ein einziger Fruchtgarten, meist mit Terrassenbau. Südöstlich vou Neapel der Vesuv, westlich die Phlegräischen Felder (d. i. Brandfelder). Der Golf flankiert im Norden von den herrlichen vulkanischen Inseln Procida und Jschia, im Süden von den malerischen Kalk- steinhorsten der Halbinsel Sorrent und der Jusel Kapri. 6. Südlich vom Golf von Neapel am Golf von Salerno mit ungesundem Hinterland die Ruinen von Pästnm. — Kalabrien mit seinem Granitgebirge ein schwer heimgesuchtes Erdbebenland. 7. Die Ostküste Italiens die wenig gegliederte Rückseite des Landes. Der „Sporn" mit steil ausgerichtetem Kalkgebirge, ein Rest der Landverbindung mit Dalmatien. — Fruchtbar uur die Apulische Küste mit zahlreichen Städten, darunter das wichtige Brindisi. 8. Das fruchtbare Sizilien, so groß wie die Provinz Sachsen, der Mittelpunkt der alten Kulturwelt, durch die Jahrhunderte umkämpft von den verschiedensten Völkern und meist schlecht regiert. Infolgedessen noch heute traurige soziale Verhältnisse. Berühmt durch herrliche (groß-) griechische Trümmer. — Der Ätna an Grundfläche 8 mal, an Höhe 3 mal so groß als der Vesuv; mit zahlreichen Nebenkratern, seine fruchtbaren Gehänge umsäumt von 65 Ortschaften. 9. Das rauhe, aber erzreiche Sardinien im Osten mit Gebirge, im Westen mit dürren oder versumpften Ebenen; die Bewohner sehr kulturrückständig, ihre Sprache mehr als die andern romanischen an das Lateinische erinnernd. Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. die Leitlinien § 74.) Nationale und kirchliche Ein- Heimlichkeit. Das Volk im Norden ernst und fleißig, im Süden leichtlebig und aus Bedürfnislosigkeit träge. Charakteristisch der allgemein verbreitete Sinn „für Form und Klang, für Ton und Farbe, für Ebenmaß und Schönheit". Volksbildung trotz reicher Begabung infolge der traurigen Ver- gangenheit sehr mangelhaft. Die Auswanderung 16 mal so stark als in Deutschland. Der Bodenbau gekennzeichnet durch reiche Baumkultur, künstliche Bewässerung, Anbau von mehreren Früchten auf derselben Fläche (Maulbeerbäume, Wein, Mais, Reis) und durch mehrere Ernten in einem Jahre. Weizen und Mais überragen weit die anderen Getreidearten. Getreideeinfuhr größer als Ausfuhr. — Eine Fläche von der Größe Mecklenburgs mit Ölbäumen bestanden, Weinrebengebiet doppelt so groß. Kastanienbäume, Maulbeerbäume. — In der Viehhaltung überwiegen Schäfe und Ziegen, Esel und Maultiere. — In der Po-Ebene Hühner- zucht, Seidenraupenzucht. Fast ohne Steinkohlen (aber mit reicher Wasserkraft); wenig Metall. Für Schwefel das Hauptland Europas. Marmor. Industrie im allgemeinen noch nicht sehr entwickelt, hervorragend die Seidenspinnereien Nord-Jtaliens; ferner zu nennen Strohslechterei (Arnotal), Kunstgewerbe. Nach der Handelsflotte 5., nach dem Handelsumsatz 8. Platz iu Europa; Haupt- Handelsländer Deutschland, England, Vereinigte Staaten; Hauptausfuhr Seide, ferner Früchte, Olivenöl, Schwefel, Eier, Wein. Kernsätze. 1. Infolge seiner Lage im Zentrum des alten Kulturmeeres konnte Italien lange Zeit die erste Weltmacht sein. 2. Die Entdeckung Amerikas verschob aber den Mittelpunkt der Kulturwelt von hier nach West-Europa. 3. Seine großen Vorzüge machten das Land zum Zankapfel der Nachbarvölker. 4. Die Verschiebung des Handels und die Fremdherrschaften hatten den wirt- schaftlichen Zusammenbruch des Landes zur Folge. 5. Trotz der erfolgten politischen Einigung macht die Gesundung nur lang- same Fortschritte, ganz besonders in Süd-Jtalien, das unter Fremdherrschaften besonders schwer zu leiden hatte und dessen Bevölkerung aus Bedürfnislosigkeit träge ist. 6. Zwischen Nord- und Süd-Jtauen bestehen nach dem Volkscharakter und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen große Gegensätze. 7. Die genügend bewässerten Teile Süd- und der klimatisch bevorzugten Ge- biete Nord-Jtaliens sind gleichsam die Treibhäuser, die das übrige Europa wäh- rend der Winterzeit mit Früchten und Blumen versorgen. Der wirtschaftliche Schwerpunkt des Landes liegt aber in seiner Seidenausfuhr.

2. Einpräge- und Wiederholungsheft zu H. Harms, Länderkunde von Europa - S. 15

1911 - Leipzig : List & von Bressensdorf
Österreich-Ungarn. §414. Öfterreicb-Ungarn* § 414. I. Das Land. 1 % mal so groß als das Deutsche Reich. — Eine scharf umgrenzte geographische Einheit, in der Hauptsache bestehend aus einem Tieflandbecken, dem größten Europas (Ungarn), einer uralten, hügeligen Mulde (Böhmen) und den Randgebirgen beider. Zu 82 % einem einzigen Flußgebiet augehörig. — Eingeschoben zwischen dem europäischen Norden und Westen und dem Morgenland; infolgedessen wichtiges Durchgangsland für Güter und Menschen (Kreuzzüge! heute Orient-Expreß und die Linie Wien—saloniki), aber auch durch ein Jahr- tausend der Kampfplatz zwischen abendländischen und morgenländischen Völkern; infolgedessen völkisch ein Trümmerstaat ohne eigne Nation, zurzeit mit heftigen Nationalitätskämpfen. Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. §§ 229, 227, 205.) Slawen zwar fast die Hälfte bildend, aber vielspaltig, so daß die Deutschen mit % der Bevölkerung (Magyaren V6) bisher das Übergewicht hatten, namentlich wegen ihrer Bedeutung als Kulturträger. In den beiden Hauptbecken vollziehen sich auch die beiden Hauptkämpfe: Deutsche gegen Magyaren, Deutsche gegen Tschechen. Seit 1867 zwei Reichshälften; die österreichische von geradezu ungeheuer- licher Form — zusammengesetzt aus 17 verschiedenartigen Kronländern, — die ungarische ein- heitlich abgerundet, bestehend aus 2 gleichartigen Königreichen; in Osterreich 36 % Deutsche, 23 % Tschechen und Slowaken, in Ungarn 43 % Magyaren, 12 % Deutsche. An Stelle der Realunion von den Magyaren eine Personalunion erstrebt (in erster Linie ungarische statt deutsche Heeressprache). Die wirtschaftlichen Leistungen dem fruchtbaren Erdreich und den reichen Boden- schätzen noch nicht entsprechend. Ertrag an Körnerfrüchten geringer als iu dem kleineren Deutsch- laud. Wald in Osterreich 33 %, in Ungarn 28%, Holzausfuhr in Europa au 3. Stelle. — Vieh- bestand nicht ganz so groß wie in Deutschland; Ungarn weniger Pferde als das gleich große Preußen. Kohlengewinnung l/it Roheisenerzeugung V7 der Deutschlands (Hauptland für beides Böhmen, für Eisen auch Steiermark). Goldgewinnung größer als in Deutschland (Siebenbürgisches und Ungarisches Erzgebirge, elfteres vielleicht bedeutendstes Lager Europas); Kupfer in Ungarn, Blei in Kärnten/ für Quecksilber Krain (Jdria) Hauptland Europas; Galizien drittwichtigstes Petroleumland, viel Salz, zahlreiche Mineralquellen. Bedeutung der Industrie für das Erwerbsleben noch gering (Osterreich an 16., Ungarn an 12. Stelle in Europa). Der Westen, besonders der Nordwesten darin vom Osten sehr ver- schieden: die Sudetenländer und einige Alpenländer ganz hervorragende Industriegebiete, die ungarischen Länder zum Teil fast industrielos Der Handel entspricht noch keineswegs der bedeutsamen Lage und der reichen natürlichen Ausstattung. Ursachen: die kurze Küste mit ungünstigem Hinterland, die hohe Gebirgsumwallung, die Mängel der Donaustraße (dagegen große Bedeutung der Elbe, § 233), der Bildungsrück- stand, der politische Hader, die Rückständigkeit der Balkanstaaten und die Vorliebe des Groß- Handels für den Seeweg. a) Die österreichische Reichshälfte. 1. Die österreichischen Alpenländer (Ost-Alpen s. §158) ausgezeichnet durch lanv- schaftliche Schönheit (Touristenverkehr Tirols und des Salzkammerguts), durch Sennenwirtschaft und Bodenschätze (Salz in Tirol und Salzkammergut, wichtiges Eisenlager in Steiermark, Blei in Kärnten, Quecksilber in Krain; auch Kohlen). Tirol anziehend durch seine großartige Alpen- welt wie durch die Eigenart seiner tapferen, treuen, sangesbegabten Bewohner mit ihren schönen Volkstrachten; wichtig als Durchgangsland (Brennerpaß, Arlbergtnnnel); das sonnige Etschtal mit reicher Pflanzenwelt italienischen Gepräges. Salzburg gleichfalls ein vielbesuchtes Alpenland mit großartigen Wasserfällen, bekannt durch das Wildbad Gastein und durch die herrlich gelegene Landeshauptstadt, eine der schönsten Städte Europas. Kärnten, das Gebiet der oberen Drau, schon mit bedeutenden Talebenen; der 26 km lange Bleiberg die reichste Bleifundstätte Europas. Steiermark, von der Mur durchflössen, wichtig durch ein großes Eisenlager, das den besten Stahl Europas liefert, auch mit bedeutenden Kohlenlagern. Krain in seiner südlichen Hälfte Karstland mit eigenartigen Karsterscheinungen (Adelsberger Grotte, Zirknitzer See, unterirdische Flüsse); das Quecksilberbergwerk von Jdria das zweitbedeutendste Europas. Ober-Österreich im Norden mit schöner Donanstrecke, im Süden mit dem herrlichen, salzreichen Salzkammergut, der „östereichi- scheu Schweiz". Nieder-Österreich mit fruchtbaren Becken (das Tulluer Feld, das industriereiche Wiener Becken, das an Schlachtörtern reiche, steppenförmige Marchfeld) und dem schönen, lebens- frohen Wien.

3. Einpräge- und Wiederholungsheft zu H. Harms, Länderkunde von Europa - S. 10

1911 - Leipzig : List & von Bressensdorf
§ 412. Balkan-Halbinsel. 10 torin), häufige Erdbeben, besonders in Griechenland. — Der Balkan eine am Südrand gehobene Urgebirgsscholle (vgl. Erzgebirge), im Norden überlagert von der Bulgarischen Kreidetafel. Am Südfuß das schöne, fruchtbare Tal von Kasanlyk (Rosenzucht) und das Becken von Sofia. Zahl- reiche Pässe (Schipka). — Größere Ebenen außer der rumänischen das Becken der oberen Maritza (Philippopel) und der unteren Maritza (Adrianopel). Infolge der kräftigen Bodengliederung ein buutes Völkergemisch (nur 8% Türken). Aus dem zerbröckelnden Türkenreich lösen sich nach und nach die einzelnen Völker aus. Die geistigen und wirtschaftlichen Verhältnisse infolge der. türkischen Mißwirtschaft rückständig. Ii. Die Staaten. 1. Die Europäische Türkei. Nur halb so groß wie Preußen; nicht ganz so viel Einwohner wie Bayern (von den 6 Mill. nur 1 y2 Mill. Türken). — Das Land bestehend aus dem mittleren Teil des Dinarischen Gebirges und dem südlichen Schollenland; größte Ebene das Becken von Adrianopel (untere Maritza). Zwei Landschaften: Albanien und Rumelien (Makedonien und Thrakien). Traurige soziale Lage, Bauern und Bürger vou den Beamten ausgesaugt; Besserung durch das neue Regiment (Verfassung 1908) zu erwarten. Ausfuhr: 1. Rohseide und Kokons, 2. Weintrauben, 3. Mohairwolle; dann Mais, Opium, Feigen, Erze, Teppiche. 2. Das Fürstentum Bulgarien. So groß wie Bayern mit Württemberg. Im Norden der Balkan (s. o.), mit der Bulgarischen Kreidetafel zur Donau abbrechend; im Süden, in Ost- Rumelien, das fruchtbare Becken von Philippopel (obere Maritza). — Die Bulgaren „das be- triebsamste Volk im ganzen Südosten Europas", auch mit guter Veranlagung für (Haus-)Judustrie. Bodenkultur bereits so gehoben, daß für 50—100 Mill. Mk. Getreide ausgeführt werden kann. 3. Das Königreich Serbien. Um % größer als Schlesien; das Gebiet der Mürawa und ihrer Nebenflüsse (Furchenkreuz); wichtiges Durchgaugslaud (Belgrad-Nisch-Salouiki<Konstanti- nopel]). — Die Serben weniger fortgeschritten als die Bulgaren und Rumänen, politisch unruhig gleich den Griechen. Bodenkultur noch sehr rückständig; für die Ausfuhr der Zwetfcheubau von Bedeutung. In der Viehzucht infolge reichlicher Eichelmast die Schweinezucht vorherrschend. 4. Das Fürstentum Montenegro. Halb so groß wie Württemberg, ein ranhes, uuwirt- liches Gebirgsland (Karst). Die Bewohner ein schön gebauter Menschenschlag, arm, aber tapfer und stets unabhängig gewesen. 5. Das Königreich Rumänien. Um % größer als Bayern mit Württemberg; die Moldau das östliche, die Walachei das südliche Karpaten-Außenland. Das Donautal sumpfig, die Donau netzförmig, durch Dobrudschaplatte an direkter Mündung verhindert. — Die Rumänen romani- sierte Dakier; Moldau und Walachei 1861 vereinigt. Fruchtbarer Boden, im Westen reicher Ackerbau, in den Steppen des Ostens überwiegend Viehzucht. Am Karpatenrand bedeutende Petroleumgewinnung. Getreideausfuhr im Werte von 180 Mill. Mk. 6. Das Königreich Griechenland. Nicht ganz so groß wie Bayern rechts vom Rhein. Mit reicher Küstengliederung, der Peloponnes fast ganz abgeschnürt; nach seiner Lage der Vermittler zwischen drei Erdteilen. Die heißeste der drei südlichen Halbinseln; Sommerdürre. Mannig- faltige Oberflächengestaltung (im Westen Dinarisches Gebirge, in: Osten selbständige Ketten quer zur Ostküsie;) viele kleine Einzelbecken, in denen sich die kleinen Staatswesen des alten Griechen- land entwickelten. Die wichtigsten Landschaften im Osten gelegen: die fruchtbaren Becken Thefsa- lien und Böotien, die dürren Halbinseln Attika und (im Peloponnes) Argolis. Der wertvollste Teil des Königreichs die Inseln, besonders die Jonischen. Die alten Griechen übernehmen die Kultur Ägyptens und Vorderasiens, entwickeln sich zur See- und Kolonialmacht und bringen Künste und Wissenschaften auf eine staunenswerte Höhe, schwächen sich aber durch Stammeskriege und gehen früh unter. — Die heutigen Griechen (Neugriechen) ein Mischvolk aus Griechen, Slawen und Albanesen, den Ahnen wenig ähnlich Durch die Großmächte von der Türkei befreit, aber geringe Fortschritte; politisch unruhig. — Wirtschaftliche Leistungen nicht hervorragend; trotz der fruchtbaren Beckenlandschaften erhebliche Getreideeinfuhr; von großer Bedeutung der Korinthenbau. Schwerpunkt des wirtschaftlichen Lebens der Handel, namentlich auch Vermittelungshandel an den Küsten des östlichen Mittel- meeres und des Schwarzen Meeres. Kernsätze. 1. Die Balkanhalbinsel bildet zusammen mit Kleinasien die große Landbrücke zwischen Asien und Europa. 2. Das reich gegliederte Griechenland insonderheit ist die Kontaktstelle zwischen Morgen- und Abendland, an der sich die erste europäische Kultur entzündet. 3. Die leichte Zugänglichkeit von Asien wie vom Donautal aus bedingte eine buntgemischte Bevölkerung; die Dnrchgitterung mit Gebirgen verhindert deren staatliche Einigung.

4. Einpräge- und Wiederholungsheft zu H. Harms, Länderkunde von Europa - S. 21

1911 - Leipzig : List & von Bressensdorf
21 Frankreich. §415. 2. Das Saöne-Rhonetal einer der wichtigsten Verkehrswege Europas. Das Rhonetal zwar vielfach sandig und schon mit mittelmeerischer Sommerdürre, aber durch Wein-, Oliven- und Maulbeerbaumkultur von höchster wirtschaftlicher Bedeutung. — Die angrenzenden sran- zöfischen Alpen sind, von der Pelvonxgruppe und dem Grenzpfeiler Montblanc abgesehen, Kalkalpen, die infolge der Sommerdürre und der Entwaldung einen öden, oft wüstenartigen Charakter tragen, besonders in der Provence. Am Meer die herrliche Rivißra. — Das Saünetal gut angebaut^ mit dem weinreichen Burgund (Eote d'or). Der angrenzende Jura ein abgeirrter Zweig der Kalkalpen, im Osten stark gefaltet (Verlauf der Flüsse!), im Westen eine dürre Tafel; Taschenuhrenindustrie. 3. Das dreieckige Garonnebecken eine aufgefüllte Meeresbucht. Das Tal der oft über- tretenden Garonne fruchtbar und weinreich (Medoc). Gradlinige Dünenküste, dahinter eine große, in der Aufforstung begriffene Heidelandschaft (les lanckeg). Die angrenzenden Pyrenäen haben nach hier ihren regen- und wiesenreicheren Abhang. Zirkustäler. 4. Die Bretagne ein abrasiertes altes Gebirge mit zwei Grcmitrücken; wie ein Wellen- brecher vorspringend Klima regen- und nebelreich, unwirtlich; weite Heide- und Ginsterflächen, Bevölkerung noch heute mit britischem Typus, reich an alten Sagen; viele Denksteine und Grab- kammern aus keltischer Zeit. 5. Das Pariser Becken eine (geologische) Musterschüssel; Steilabfälle der Schichten ringsum nach außen, besonders nach Osten (Escarpments), natürliche Festung; der geschichtliche Kern der Landschaft. Im Osten (aus der Kreidetafel) die Champagne mit großartigem Weinbau (nur im westlichen Teil; die Mitte die „lausige" Champagne). Im Süden zunächst dürre Kiefern- landfchaft, dann das Loiretal, der „Garten Frankreichs". Im Westen die freundliche, wiesenreiche Normandie; im Norden Frankreichs wichtigstes Industriegebiet (Lille usw.). In der Mitte in fruchtbarer (tertiärer) Hügellandschaft Paris. Ii. Das Volk. (Über die Geschichte s. Leitlinien § 256). Die Bevölkerung national und kirchlich fast gänzlich einheitlich. Ausfällig geringe Volksvermehrung (1890 und 91 mehr Sterbe- als Geburtsfälle); dadurch auch die Wirtschaftsergebnisse gedrückt. Wert der Bodenerzeugnisse (einschl. Wein) erheblich geringer als in Deutschland trotz größeren Bestandes an Ackerland. (Ge- treibe in Frankreich im Durchschnitt der Jahre 1901/03: 17, in Deutschland 24 Mill. t.) Haupt- getreide Weizen. Erstes Weiulaud der Erde (zeitweilig von Italien erreicht). Baumöl weniger als in Italien und Spanien, aber besser (Provenceöl). — Viehzucht nicht hervorragend (weniger Rindvieh, aber mehr Schafe als in Deutschland). — Bergbauerzeugnisse genügen nicht für den eigenen Bedarf. Gewinnung von Roheisen 3 mal so gering als in Deutschland. — Industrielle Betätigung etwas geringer als in Deutschland (35,6 gegen 40% der Erwerbstätigen). Seiden- industrie die erste der Welt, auch Wolle- und Baumwollindustrie bedeutend, weniger die Eisen- indnstrie. Hervorragend kunstgewerbliche und Modegegenstände, überhaupt Qualitätsware (Pariser Artikel). Nach Handel und Verkehr das dritte Land Europas (England, Deutschland, Frankreich). Wasserstraßen 12 y2 Taus, km (Deutschland 14), davon 5 Taus, km Kanäle (Deutsch- land 2), zum großen Teil aber nicht mehr zeitgemäß. Handelsflotte die 4. in Europa (England, Deutschland, Norwegen, Frankreich). Handelsumsatz 11 Milliarden (Deutschlaud 16^/z, Eng- land 221/3). Davon kommt auf den Austausch mit England 2, mit Deutschland und Belgien je I1/4, mit den Vereinigten Staaten 1, mit Algier 2/3 Milliarde. Haupteinfuhrgegenstand Wolle (dauu Kohle, Baumwolle und Seide), Hauptausfuhrposten Seidengewebe. Großer Fehl- bedarf an Kohle, Holz und Getreide; der wirtschaftliche Ausgleich dafür geschaffen durch Pariser und Modeartikel. (Weinausfuhr nicht immer größer als -Einfuhr).— Für Deutschlands Handel an 5. Stelle. Der frühere Kolonialbesitz fast ganz an England verloren gegangen; das seit 1830 neu- gegründete Kolonialreich reichlich doppelt so groß als das deutsche, zu 5/6 in Afrika gelegen. Kernsätze. 1. Frankreich hat eine ebenso lange See- als Landgrenze. 2. Entsprechend versuchte es, die Vormachtstellung sowohl zur See wie aus dem Festland zu erringen, beides allerdings ohne dauernden Erfolg. 3. Infolge der günstigen Seelage (Küstenanteil sowohl am alten wie am neuen Kultur- meer) konnte es sich ein bedeutendes Kolonialreich gründen und für seinen Handel den dritten Platz in Europa, für seine Seekriegsstärke bis 1905 den zweiten Platz in der Welt behaupten (1909 vierter Platz). 4. Auf die benachbarten Festlandsmächte übte es durch Jahrhunderte einen hervorragenden Einfluß aus, nichtbloß als zeitweilige äußerebeherrschung, sondern auch im Sinne einer Durchdringung mit neuen politischen Gedanken freiheitlicher

5. Abth. 1 - S. 37

1830 - Hannover : Hahn
Einleitung. 37 und Dresden verfertigten physikalischen, mathematischen, optischen, chi- rurgischen und musikalischen Instrumente. Oer Reichthum der Natur- und Kunstprodukte erzeugt starken Handel, der sowohl zur See als zu Lande geführt wird. Amsgeführt werden besonders folgende rohe Produkte: Metalle, Wolle, Pferde, Rinder, Salz, Holz, Vitriol, Schwefel, Rübsaamen und Obst. Wenig Kanäle, aber viele und immer besser werdende Landstraßen, T sse cura n za n st a lt en , Messen, Banken, Handelsgesellschaften, treffliche Post - einrichtungen fördern den Verkehr; Zollsysteme und Mauth- linien haben ihm leider Fesseln angelegt, wie sie kein anderer Staat der Welt kennt; jedoch scheinen die Handels- und Zollverträge, welche mehre Staaten seit einigen Jahren abgeschlossen haben, diese allmälig lösen zu wollen. Ein Hinderniß des Verkehrs ist auch die große Ver- schiedenheit der Münzen, Maaße und Gewichte. Wir bemerken hier nur die verschiedenen Astten des Münzfußes, a) Der Lübsche Fuß in Hamburg, Lübeck, Holstein und Meklenburg prägt aus der Mark reinen Silbers (16 Loth) 17 Gulden oder 34 Mark; b) der Leipzi- ger oder Reichsfuß in Meklenburg und Hannover (die sogenannte Kassenmünze) 18 Gulden; c) der Conventions Fuß in Öster- reich, Sachsen, Hannover, Hessen Kassel, Braunschweig u. a. 20 Gul- den ; ä) der Graumannsche oder Preußische Fuß 21 Gulden; e) der Vier und zwanzig Gulden fuß in Baiern, Baden, Wür- temberg, Hessen Darmstadt, Nassau u. a. rechnet die Mark zu 24 Gul- den, hat aber nur in Baden wirklich ausgeprägte Münzen; nach die- sem gilt ein Conventions Gulden nicht 60, sondern 72 Kreuzer. Über Maaß und Gewicht vergl. die Tabelle B. —• Bor mehr als einem Jahrtausend war Deutschland im O. des Rheins von heidnischen Stäm- men bewohnt. Karl der Große besiegte die Sachsen, Baiern n. a. Völkerschaften, brachte ihnen das Christenthum und machte das Land bis zur Eider und Ungarns Gränze zur Provinz des Fränkischen Reiches. Durch den Theilungsvertrag seiner Enkel,zu Verdun (843) ward es ein eigenes Königreich. Mit dem Amssterben der Nachkommen Karls (911) ward Deutschland ein Wahlreich. Fränkische, Sächsische und Schwäbische Herzöge saßen auf dem Deutschen Königsthron und er- weiterten das Reich nach verschiedenen Seiten. Es entstanden im X.jahrh. die Markgrafschaften Meißen, Nordsachsen und Schleswig; ja eine besondere östliche Mark (in der heutigen Lau- sitz) wurde gestiftet, und ein großer Theil des alten Lothringens (die Länder am Mittel- und Niederrhein, an der Mosel, Maas u. Schelde) ward Deutsche Provinz. Im Xi. Jahrh. wurde sogar Burgund (die Schweiz, und die Französ. Provinzen Burgund, Danphinee, Provence, Franche Comte) mit Deutschland vereinigt, und auf Ungarn, Polen und Italien erstreckte sich des Römischen Kaisers (denn seit Ot- to's I. Zeiten (962) war diese Würde mit der Deutschen Königskrone vereinigt) mächtiger Einfluß; auch Meklenburg und Pommern wurden im Xii. Jahrh. besiegt, und die dort hausenden Slavischen Stämme nahmen, wie früher ihre Brüder an der Mittlern Elbe und Oder das Christenthum vom Sieger an. Böhmen wurde 1276, Schlesien 1365 mit dem Deutschen Reiche verbunden. So groß war indeß Deutsch-

6. Abth. 1 - S. 292

1830 - Hannover : Hahn
292 Niederlande. gerecht. In wissenschaftlicher Hinsicht steht die Nation seht nicht so hoch altz die Deutsche, und wenn gleich Holland ausgezeichnete Männer in vielen Fächern des Wissens und in der Kunst hervorgebracht hat, so ist doch die glänzendste Periode der Literatur dort schon hinter der Gegenwart. Nicht mit Unrecht wirft man den Cr. der nördlichen Pro- vinzen ein starres Festhalten am Alten in Wissenschaft und Religion vor; weit freier bewegt sich der S. Niederländer, dem es aber auch an Gründlichkeit fehlt. Die Kunst scheint ziemlich verwaiset, weder Maler (man denke an die glänzenden Namen des Xvl. u. Xvii. Jahrh.) noch Bildhauer, noch Musiker der jehigen Zeit haben besonderen Ruhm. Unstreitig herrscht in den N. Provinzen mehr Aufklärung als in S. Für eigentlich literarische Bildung ist indeß auch in N. mehr geschehen, als für den Volksunterricht. Man zählt 6 Universitäten und über 100 Athenäen und Gymnasien, mehr als 70 Gelehrten- und Künstler- vereine, und mancherlei wissenschaftliche u. Kunstsammlungen.— Die Niederlande waren vor Jahrhunderten in viele kleine Staaten getrennt, die, obgleich sie nach dem Vertrage zu Verdun zu Deutschland gehör- ten, sich doch seit dem Xi. Jahrhunderte unabhängig machten und end-" lich fast alle dem Hause Burgund unterworfen wurden. Nach dem Aussterben desselben mit Karl dem Kühnen 1477 kamen sie an dessen Tochtermann Maximilian!, von Deutschland und dessen Sohn Karl V. Sie wurden 1512 wieder mit dem Deutschen Reiche, als Burgundischer Kreis, vereinigt, und genossen große Vor- rechte. Die 17 Provinzen, welche sie bildeten, waren theils Herzogthü- mer, theils Grafschaften, theils freie und bischöfliche Staaten. Nach Karls V. Zurücktritt von der Regierung 1555 sielen sie an Phi- lipp Ii. von Spanien, der, ihre Vorrechte nicht achtend, und voll Haß gegen den sich immer mehr verbreitenden Protestantismus durch den harten Druck seiner Statthalter Granvella und Alba das gemißhandelte Land zur Empörung zwang. Im Jahre 1579 erklär- ten sich in der Utrechter Union die 7 nördlichen Provinzen Hol- land, Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Gronin- gen und Friesland für unabhängig, und behaupteten nach langem blutigen seit 1566 unter Leitung der beiden Prinzen v. Nassauora- nien, Wilhelm (71583) u. Moritz (71625), geführten Kampfe im Frieden zu Antwerpen (1609) und Münster (1648) ihre Un- abhängigkeit. Immer blühender ward durch die Eroberung der Portu- giesischen Colonien in Indien ihr Handel, immer größer ihre Seemacht. Hernach entstanden aber innere Unruhen. Das Haus Oranien machte allmählig seine St a t t h a lt e r w ürde in allen Provinzen erb- lich , erbitterte zuletzt durch Preußens bewaffnete Einmischung (1786) die Gegenparthei, und erleichterte den Franzosen die Eroberung des Landes 1794. Es entstand die Batavische Republik, die endlich nach verschiedenen Verfassungsveränderungen 1806 in das Königreich Holland verwandelt wurde, und Bonapartes Bruder, Ludwig, zum Regenten erhielt. Längst schon waren die Colonien von England erobert, die Seemacht vernichtet und der Handel gänzlich zu Grunde gegangen. Ludwig legte 1810 die Regierung zu Gunsten seines Soh- nes nieder, aber der Franzos. Kaiser vereinigte wenige Wochen hernach

7. Abth. 1 - S. 336

1830 - Hannover : Hahn
336 Italien. Volksbildung ist kläglich; jedoch Zeichen sich die Länder Deutscher Für- sten meistentheils rühmlich vor den anderen aus. Obgleich die Fin- sterniß des Mittelalters durch das erneuerte Studium der Elassiker zuerst in Italien (Xiii. u. Xlv. Jahrh.) erhellt wurde, so steht dies Land doch an Höhe der Bildung und an Zahl der Gelehrten vielen anderen Europ. Ländern nach. Noch immer hegt aber Italien Meister und Meisterstücke der schönen Künste, für welche selbst im Volke hier mehr Sinn ist, als in irgend einem anderen Lande. — Seit mehr als einem Jahrtausend ist Italien ein politisch zerrissenes Land gewe- sen, in mehre Staaten getheilt, die fast immer Fürsten Deutschen, Spanischen und Französischen Stammes gehorchten; daher keine Nationaleinheit. Nach dem Untergänge des W. Römischen Reiches (476) bildeten Ostgothen, nach ihnen Longobarden in der N. Hälfte einen bedeutenden Staat, während in S.italien die Griechischen Kaiser herrschten. Durch Karls des Gr. und Otto's I. Eroberung (774 und 951) ward Italien von Fränkischen und Deutschen Für- sten abhängig und in diesem Verhältnisse bildeten sich zuerst der Kir- chenstaat, dann, bei der Schwäche der Deutschen Könige, mächtige Städte und durch sie Republiken und Herzogthümer aus, die jedoch zum Theil noch durch Lehnsverband von Deutschland abhän- gig blieben, während S. Italien sich durch Normänner zu einem eige- nen Königreiche Neapel bildete. Heftige Kämpfe um die Italie- nischen Staaten in den letzten drei Jahrh. zwischen Österreich, Frank- reich und Spanien. Mehre Herzogthümer und die beiden mächtigsten Freistaaten, Venedig und Genua, sind in den Jahren der Euro- päischen Umbildung verschwunden und das ganze Land besteht jetzt aus 3königreichen: Neapel, dem Lombardisch Venetianischen und Sardrnischen; dem Kirchenstaate; dem Großherzogthum Tos- kana; 3herzogthümern: Modena, Parma und Lukka, und der Republik St. Marino. Einige Inseln gehören anderen Staaten an, Korsika zu Frankreich, Malta zu England. Alle Staaten und In- seln zusammen (Korsika mitgerechnet) haben 21 Mill. E. I. Die Sardinischen Staaten. Theils auf dem festen Lande, vom Meerbusen von Genua in S., von Frankreich in W., von der Schweiz in N., vom Lombardischen Kö- nigreiche, Parma u. einer Toskanischen Provinz in O. begränzt; theils aus der Insel Sardinien bestehend, begreift der ganze Staat 1330q..M. Die Alpen in ihrem höchsten Zuge durchziehen oder begränzen diesen Staat in W. und N. Das Gränzgebiet in N. (vergl. die Schweiz S. 308)., die Penninischen Alpen enthalten den Großen St. Bernhard — 10,400 F., den Velan — 10,400 F., den Co mb in — 13,260 F., den Cervin — 12,560 F., den Rosa — 14,300f. Von hier an zieht sich das Geb. gegen No. (Leopontische Al- pen) mit nicht so hohen Gipfeln, unter denen der Simplon — 10,800f., bis zum St. Gotthard in der Schweiz. Von St.bern- hard an geht die Hauptkette, als Grajische Alpen gegen S. mitten durch das Land; sie enthält den Montblanc — 14,800f. (nach Royer — 14,817 §., nach Melden — 14,764 F., 1786 zuerst, 1787 von

8. Skandinavisches Reich, Deutschland, Oesterreich, Italien, Griechenland, Russisches Reich - S. 121

1869 - Braunschweig : Schwetschke
Vii. Deutschland. 121 eben weil sie eine durchaus eigenthümliche, freiere und reichere ist als die romanischen, die Fremdlinge abschreckt: znm Theil die rühmliche Wißbegierde und edle Empfänglichkeit des Deutschen für alles Schöne und Geistvolle des Auslandes, welche der Fremde leicht mit der Neugier und Bildungs- bedürftigkeit roherer Völker verwechselt. Wer das Freinde so gründlich kenne, sich so eifrig damit beschäftige, der müsse wohl, meinten sie, wenig Einheimisches haben, woran er sich erfreuen könne. Zum Theil ist es auch gerade die größere Tiefe der deutschen Geisteswerke, welche den an leichtere Speise gewohnten Ausländer als schwerfällige Dunkelheit abstößt. Wenn wir aber unser Vaterland und unser Volk nur irgend gründlich mit den übrigen Ländern Europas vergleichen, so können wir uns wohl ohne Eitel- keit und in gerechtem Stolze manche unleugbaren Vorzüge nicht verbergen. Ja, wir stehen nicht nur vollständig ebenbürtig als eine der ersten Nationen der Erde da, sondern in vielen Stücken an der Spitze der Civilisation; zu einem Volke geeint werden wir die Wächter des Friedens und die erste Nation der Erde sein. — An geistigen Vorzügen überwiegt die deutsche Nation alle anderen der Erde. Wäre nur das Eine, daß das Grund- princip der Reformation, die freie Forschung, jene geistige Wiedergeburt Europas, welche ihre Lichtstrahlen über den ganzen Welttheil ver- breitet und überall wahre Wissenschaftlichkeit und bürgerliche Freiheit auch da hervorgerufen hat, wo man sie verkannte; welche das einzige, wahre, unüberwindliche Bollwerk bildet gegen jede Wiederkehr der Barbarei und des Despotismus; wäre auch nur dies Eine, daß die Reformation deutschen Ursprungs und im Grunde auch nur in Deutschland lebendig auch otestantischen starren Schlafe zu liegen scheint: so würde schon dies geistige Neberlegenheit Deutschlands siegreich zu behaupten. die V ' ' I ' U I U f ’ u sicher Hinsicht, die größte Umwandlung in der Welt hervorgebracht, die Erfindung der Bnchdruckerkunst und des Schießpulvers (wenigstens zum zweiten Male, da dasselbe den Arabern früher bekannt gewesen), Deutsch- land angehören. Wir dürfen rühmen, daß den Deutschen die tiefsinnige Erfindung jener einzig der alten entgegenzusetzenden Baukunst, welche gewöhnlich, aber einseitig, die gothische genannt wird, zukommt. Wir dürfen die deutsche Malerschnle, wenn auch nicht der italienischen, doch der niederländischen wenigstens an die Seite stellen, und auch die Kunst des Kupferstichs ist eine deutsche Erfindung. In der Musik dürfen nur älteren Italiener sich mit den Deutschen messen. Aus der neueren Zeit ge- denken wir der großartigen Erfindungen des elektromagnetischen Telegraphen und der Spectral-Analhse, beides Produkte deutschen Geistes. Wir, die wir die Geisteswerke anderer europäischer Völker nicht allein kennen, sondern oft sie gründlicher würdigen als das Volk, dein sie angehören, dürfen uns in vieler Hinsicht des Vergleiches mit den gerühmtesten Werke:, fremder Dichtkunst nicht schämen, und die gründliche Gelehrsamkeit, der nnermüdete Fleiß, die unbefangene geistvolle Forschung deutscher gelehrter Werke wird selbst von den ausländischen Gelehrten, welche im Stande sind, sie zu benutzen, anerkannt. Einzig steht Deutschland da in der Tiefe der philo-

9. Skandinavisches Reich, Deutschland, Oesterreich, Italien, Griechenland, Russisches Reich - S. 122

1869 - Braunschweig : Schwetschke
122 A. Europa. sophischen Speculation, wovon andere Völker kaum eine Ahnung haben; und zu gleicher Zeit giebt es kein Land in der Welt, wo die Schulen so- wohl für die höchste Bildung als für den Volksunterricht so zahlreich und im Ganzen so zweckmäßig eingerichtet wären, als in Deutschland; kein Land, wo mannigfaltige Kenntnisse und Bildung so allgemein verbreitet wären. Abermals einzig steht Deutschland, und verdankt diesen Vorzug wieder der Reformation, in dem Reichthum und der Innigkeit kirchlicher Lieder; in der Tiefe und dem wahrhaft christlichen Geiste sowohl der theologischen Forschungen als der Kanzelberedtsamkeit, wenn auch die glänzendere, aber meist oberflächliche und dürftige Beredtsamkeit der französischen Kanzelredner von Unkundigen mehr bewundert wird. Und wenn nun Deutschland trotz seiner weniger giinstigen geographischen Lage, trotz seiner Theilung, trotz der beinahe unaufhörlichen Kriege, wovon es der Schauplatz gewesen ist, doch auch an Wohlstand und allgemein verbreiteter Betriebsamkeit nur den begünstigtsten Ländern Europas um Weniges nachsteht, so wird man ohne Unbilligkeit dem Deutschen den Ruhm geistiger und bürgerlicher Thätigkeit nicht absprechen können. — Rur in einer einzigen Hinsicht stehen wir gegen einige andere Völker zurück, in politischer Einheit und Kraft, doch wir sind auf dem besten Wege, auch auf diesem Gebiet die Ersten zu werden; mit der größeren Einigung und in dem Streben nach Einheit, sowie durch die glänzenden Siege im Jahre 1866, hat sich auch das Nationalgefühl bedeutend gehoben. Seit der Begründung des Norddeutschen Bundes durch Preußen und dein neuen Abschluß des Zollvereins zwischen den Nord- und den Süd- staaten, wie nicht minder durch die Militärconventionen oder Verträge, ist Deutschland, allerdings vorläufig mit Ausschluß der deutsch-österreichischen Staaten, zu einer Gesammtmacht ausgebildet, die, wenn sie von Ost oder West angetastet werden sollte, ihre Riesenkräfte nur noch mehr entfalten würde; jede fremde Einmischung in Deutschlands innere Angelegenheiten ist glücklicher Weise unmöglich geworden. Die frühere Theilung Deutschlands in so viele Staaten von ungleicher Größe, woraus von jeher gegenseitiger Neid, Abneigung stammverwandter Völker, verderbliches Anschließen einzel- ner an fremde Mächte und Schwächung des Ganzen hervorgegangen sind, Deutschland ist dadurch hat auch ihren segensreichen Einfluß gehabt, vor jenem einseitigen und starren Nationalegoismus anderer Völker bewahrt geblieben und durch die verschiedenen Mittelpuiikte für Wissenschaft und Bildung in den verschiedenen Staaten konnte diese von vielen Punkten aus sich gleichförmig über das ganze Volk verbreiten, niemals aber, wie in vielen anderen Ländern, das ausschließliche Eigenthum einer Alles verschlingenden Hauptstadt werden. Der Trieb der freien Selbstbestimmung, der Individualismus, überwiegt in unserer Nation den Trieb nach Selbstständig zu sein im Denken und im Dichten, in der Religion wie in Wissenschaft und Kunst, gilt dem Deutschen mehr als Einheit und Stärke des Vaterlandes, als Centralisation und Uniformität. Am höchsten schätzt er die Gewissensfreiheit. Die kirchliche und religiöse Reformation in Nimm das ebenbllrtiaite Kii ihm so kung lind Großen: „Bei mir kann Jeder nach seiner Fa^on selig werden", verräch Einheit.

10. Skandinavisches Reich, Deutschland, Oesterreich, Italien, Griechenland, Russisches Reich - S. 123

1869 - Braunschweig : Schwetschke
Vii. Deutschland. 123 nicht bloß allgemeinchumane, sondern auch ächt-deutsche Art und Natur. Unser Baterland hat, wie Professor Kutzen in seinein schönen Buche (das deutsche Land, Breslau 1855) sagt und ausführt, eine centrale, con- ceutrirende, vermittelnde und ausgleichende Stellung und Gestaltung. Die in Europa von Ost nach West, Nord nach Süd, Nordost nach Südwest, Nordwest nach Südost gezogenen Linien treffen in Deutschland zusammen. Dieselbe centrale Stellung behauptet es in Bezug auf die Europa umgebenden Meere, indem es an die Ost- und Nordsee und an das Adriatische Meer anstößt. Es ist dadurch das ethnographische Grenz-, Vermittlungs- und Bermischungsland geworden, lvie es als solches in der Geschichte erscheint. Es hat an seinen Grenzen slavisch-deutsche, französisch- und belgisch-deutsche, italienisch-deutsche, standinavisch-dentsche Völkergemische. Nach allen Seiten hin hat es (leider) Bruchstücke seiner Bewohner abgegeben. Damit stehen universalistische Verhältnisse in Verbindung. Die nach der Völkerwanderung auf deutschem Boden zurückgebliebenen germa- nischen Stämme bildeten den Mittelpunkt der gesammten christlich-germani- schen Welt. In der Glanzperiode des römisch-deutschen Kaiserthums war das deutsche Reich das herrschende, war es das Centralland der allgemeinen Interessen und Kämpfe. Kein Land Europas zählt so viele Schlachtfelder großer Eutscheidungskämpfe als Deutschland, das fast als eine unermeß- liche Wahlstatt zwischen den Völkern des Ostens und Westens, des Nordens und Südens zu betrachten ist. Auch in seinen hydrographischen Verhältnissen nimmt Deutschland ein mittlere Stellung ein. Dasselbe gilt von den klimatischen, es hat ein europäisches Mitteltlima, „das eben so sehr vor nordischer Armuth, welche den Geist abstumpft, wie vor südlicher Fülle, welche die Thatkraft erschlafft und die Sinnlichkeit überreizt, zu schützen geeignet ist", kurz, unser Vaterland zeichnet sich durch den Charakter der Mitte, des Ebenmaßes in höchster Mannigfaltigkeit innerhalb alle Extreme vermeidender Grenzen aus; seine Natur wie sein Einfluß wirken vermittelnd, ausgleichend. In gei- stiger Beziehung ist es auch das Hanptland der geistigen Mitte öder- er mitt tun g, „als das von allen Seiten an sich ziehende und ansam- melnde Ideen - Centrum Europas, als das in dieser Hinsicht der ganzen Welt bedürftige Herz". Umsonst suchen wir nach einem Lande und Volke von gleicher Allseitigkeit, Ivo die allgemeinen Wissenschaften so gepflegt und ausgebildet, die Kenntnisse so ausgebreitet sind wie in Deutschland, das geneigt ist, alles in der Fremde Entwickelte in sich aufzunehmen und das Eigenthümliche wie das zum Eigenthum umgeschaffene Fremde dem Aus- lande wieder mitzutheilen. Die politische Zerspaltung Deutschlands ist nicht bloß durch geschicht- liche, sondern auch durch geographische Verhältnisse herbeigeführt worden. Die Natur des Landes widerstrebt der Centralisation und einer das ganze einige Deutschland beherrschenden Hauptstadt. Die Mannigfaltigkeit der Bodenverhälttüsse hat dagegen die in der Bodenplastik sich aussprechende vielfache Jndividualisirung der Localitäten und eine eben so große Mannig-
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